Foto Christine Meier 150 150    Christine Meier, Leiterin Frauenhaus Bern, Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern

 Zum Beispiel Leila oder Daniela

Jede fünfte Frau erlebt einmal in ihrem Leben häusliche Gewalt.

Leila wurde sehr jung mit einem Landsmann verheiratet, der übermässig eifersüchtig war und sie vom ersten Tag an nicht aus den Augen liess. Sie durfte nicht Deutsch lernen, keinen Kontakt mit ihrer Familie und ihren Freundinnen pflegen, ihr Handy und ihr Laptop wurden regelmässig von ihrem Mann kontrolliert. Sie konnte ihm nichts recht machen, er beschimpfte sie oft als unfähige Hausfrau und Mutter. Manchmal, wenn er sehr wütend war, schloss er sie mit dem kleinen Kind in der Wohnung ein und ging zur Arbeit.

Daniela und ihr Mann haben aus Liebe geheiratet und verbrachten zusammen ein paar gute Jahre. Nach dem ersten Kind gab es bereits Situationen, in denen Danielas Mann ausrastete und sie auch mal schubste oder kurz an den Haaren zog. Er entschuldigte sich jedoch jedes Mal, brachte ihr Blumen und versicherte ihr, dass dies nicht mehr vorkomme. Während der zweiten Schwangerschaft stand er beruflich sehr unter Druck und ertrug das Weinen des Kindes nicht mehr, machte die Mutter für alles, was nicht rund lief, verantwortlich und schlug sie ein paar Mal. Daniela hoffte, mit der Geburt des zweiten Kindes würde alles besser. Es wurde jedoch nur noch schlimmer und sie rief im Frauenhaus an.

Die Beispiele von Daniela und Leila zeigen: Es müssen nicht immer Schläge sein, auch sexuelle Gewalt, psychische Misshandlungen wie anhaltendes Erniedrigen, Beschimpfen, Bedrohen oder auch das Entziehen oder Vorenthalten von finanziellen Mitteln zählen zur breiten Palette von häuslicher Gewalt. Dass diese heute nicht mehr nur Privatsache ist, sondern ein Offizialdelikt, das die Polizei von Amtes wegen verfolgen muss, ist ein Verdienst der Frauenbewegung der 70er-Jahre.

Trotz dieser rechtlichen Anerkennung ist die Zahl der Frauen, die eine durch Gewalt geprägte Beziehung aushalten, immer noch sehr hoch. Aus Scham oder Angst suchen sie oft erst sehr spät Hilfe bei einer Beratungs- oder Opferhilfestelle. Wenn Frauen wie Leila und Daniela jedoch diesen wichtigen Schritt tun, ist die erste Hürde genommen auf dem langen Weg zurück in ein gewaltfreies Leben.

 

 

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